Getreide – von den einen empfohlen und als Grundnahrungsmittel beworben, von den anderen als schlechtes Lebensmittel ohne Zweck verrufen. Die Diskussion um die Notwendigkeit und den gesundheitlichen Nutzen von Getreide in unserer Ernährung, wird immer lauter, vor allem nach Ernährungsbewegungen wie Paleo, Carnivore und Kohlenhydratarmen Diäten, fragt man sich immer mehr: sollte man überhaupt noch Getreide essen?
“Aber was soll ich dann noch essen?“
Höre ich dann nicht selten in der Praxis. Wir sind eine Brotnation! Wir sind es gewohnt morgens, mittags und abends Getreide zu verspeisen, unsere Eltern haben das so gemacht und schließlich wird uns das ja auch von etablierten Ernährungsgesellschaften empfohlen. Die Menge die wir hierzulande konsumieren sprengt den gesundheitlichen Rahmen meistens bei weitem! Morgens Brötchen, mittags Nudeln und Abendbrot, damit ist Getreide auf jeden Fall die Basis der Ernährung!
Doch bringt der Getreidekonsum für uns überhaupt sinnvolle gesundheitliche Vorteile? Schließlich können die heiß umworbenen Ballaststoffe günstiger und ohne die vielen Antinährstoffe aus anderen Nahrungsmitteln bezogen werden (ich spreche von Gemüse). Antinährstoffe? Getreide weißt unterschiedliche Stoffe auf, die auf unsere Gesundheit und vor allem auf Darmebene negative Wirkungen zeigen können:
Gluten
Der Glutengehalt (das Klebereiweiß = klebt gut) wurde über die letzten Jahre hochgezüchtet, denn je mehr Gluten, desto besser die Backeigenschaften von Brot und Brötchen. Gluten, bzw. das darin enthaltene Gliadin wirkt aber negativ auf unsere Darmbarriere und führt über eine Freisetzung von Zonulin, zu einer erhöhten Permeabilität der Darmschleimhaut[1].
Amylase-Trypsin-Inhibitoren
Das zweite Problem in Getreide sind die ATI’s, die Amylase-Trypsin-Inhibitoren, sind Eiweiße, welche die Funktion haben, den Eiweißabbau im Getreide zu hemmen und Parasiten abzuwehren. Der erhöhte Anteil der ATI’s ist auch wieder ein Ergebnis ambitionierter Getreidezüchtungen, um den Getreide-Anbau und die Weiterverarbeitung einfacher zu machen. Bis jetzt werden, neben den im Getreide enthaltenen Lektinen, vor allem die ATI’s für Weizensensitivitäten (nicht Zöliakie) verantwortlich gemacht. Die ATI’s aktivieren TLR-4 und scheinen Entzündungsreaktionen im Darm auszulösen[2].
Lektine
Lektine sind pflanzliche Abwehrstoffe, die in etlichen Pflanzen wie Hülsenfrüchten, Nachtschattengewächsen und auch in Getreide, vorhanden sind. Lektine soll die Pflanze vor Fraßfeinden schützen, also auch vor uns, sie führen zu Hämagglutatination[3], also zu einer Verklumpung der roten Blutkörperchen, ab einer gewissen Menge führen sie zu Kopfschmerzen, Erbrechen, Durchfall und Magen- Darmproblemen. Auch sie schädigen die Darmbarriere und führen dadurch zu Entzündungen und zu einer Aktivierung des Immunsystems. Je nach Lebensmittel, können einige Lektine aber z.B. durch kochen, einweichen und fermentieren abgebaut werden[4].
FODMAPS
Oder übersetzt: fermentierbare Oligosaccharide, Disaccharide, Monosaccharide und Polyole. Klingt kompliziert! heißt aber nur, dass es sich dabei um schnell vergärende Kohlenhydrate handelt. Diese werden im Dünndarm nur schwer aufgenommen, wandern weiter in den Dickdarm, wo sie von Bakterien vergoren werden – das Ergebnis sind meistens unter anderem fiese Blähungen.
Also nie wieder Brot, Croissant und Pizza?
Die negativen Wirkungen, der im Getreide vorhandenen Antinährstoffe, führen vor allem bei bereits bestehenden Schädigungen zu Problemen, außerdem kommen sie natürlich bei einer generell schlechten Lebensweise, on top.
In einer perfekten Welt, ohne Stress, Nährstoffmängel, Toxine, Bewegungsmangel, mit viel frischer Luft und Liebe, ist Getreide, immer wieder und in Maßen eine Art „Training für den Darm“ und letztendlich auch Genuss. Ganz weglassen muss, außer bei Zöliakie und Unverträglichkeit, also nicht sein.
Bei Darmproblemen und Verdauungsbeschwerden würde ich, im Rahmen einer Darmtherapie, (unter anderem) Getreide und Lektinreiche Gemüsesorten für 3-6 Monate weglassen.
Ziel ist aber immer, dass alle Lebensmittel (einige eben nur in Maßen) gegessen werden können!
Back to the Basics
Neben den schier unendlichen Möglichkeiten der Nahrungsmittelindustrie, sind alte Traditionen in Vergessenheit geraten. Früher wurden Getreideprodukte durch z.B. fermentieren, für uns bekömmlicher gemacht, warum diese Tradition in Vergessenheit geraten ist, liegt wohl an dem dadurch entstehenden Zeitaufwand und dem notwendigen handwerklichen Können. Inzwischen werden Bäckereien meistens mit Tiefkühlware beliefert, das Handwerk wurde von Maschinen übernommen und das Ergebnis ist eine schnelle Produktion. Wenn du von Zeit zu Zeit Getreide genießen willst, beschäftige dich mit der Herstellung von Sauerteigbrot und Co.
Glutenfreie Ersatzprodukte
Der Markt für Glutenfreie Alternativen boomt, die scheinbar gesünderen Alternativen sind nicht nur preislich Luxus, sondern schneiden häufig leider auch schlecht ab, wenn es um die Inhaltsstoffe geht. Um die gleiche Konsistenz und einen ähnlichen Geschmack wie Getreideprodukte nachzuahmen, wird in Ersatzprodukten oft zu einer Reihe an Bindemitteln und Geschmacksverstärkern gegriffen. Bei Darmproblemen eindeutig die falsche Wahl!
Ersatzprodukte sind hochverarbeitet und oftmals schlechter verträglich als das Brötchen vom Bäcker nebenan. Ideal ist also beides nicht. Es gibt hier natürlich Ausnahmen und hin und wieder kaufe auch ich glutenfreies Brot oder Nudeln. Ich achte dann auf eine möglichst kurze Zutatenlist, Produkte ohne Soja und mit wenig Zucker. Auch das Verdickungsmittel Guarkernmehl kann bei Darmbeschwerden ungünstig wirken.
Empfehlenswert sind z.B. auch reine Saatenbrote, diese weißen aber einen hohen Ballaststoff – und Fettgehalt auf und sollten nur in Maßen und je nach Verträglichkeit verzehrt werden. Inzwischen finden sich für Nudeln auch Produkte aus Süßkartoffeln und Erbsen, mit hohem Eiweißgehalt und wenig Inhaltsstoffen, auch Manjokmehl ist eine oft gut verträgliche Alternative.
Die Wissenschaft ist sich, was Getreide angeht, noch sehr uneinig und solange das so ist, kann man sich von Zeit zu Zeit ein helles Sauerteigbrot gönnen. Auch alte Sorten wie Emmer, Einkorn oder Dinkel, weißen niedrigere Lektin – und ATI- Werte auf und sind oft besser verträglich.
Ernährung ist für viele inzwischen ein Spießrutenlauf geworden, eine Unmenge an unterschiedlichen Informationen und die stetige Weiterentwicklung der Lebensmittel, machen den Einkauf kompliziert. Deswegen empfehle ich dir Grundnahrungsmittel und Bio- sowie regionale Produkte. Wie so oft – selbst gemacht ist immer noch am besten!
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Quellen:
[1] Drago, Sandro et al. “Gliadin, zonulin and gut permeability: Effects on celiac and non-celiac intestinal mucosa and intestinal cell lines.” Scandinavian journal of gastroenterology vol. 41,4 (2006): 408-19. doi:10.1080/00365520500235334
[2] Geisslitz, Sabrina et al. “Wheat amylase/trypsin inhibitors (ATIs): occurrence, function and health aspects.” European journal of nutrition vol. 61,6 (2022): 2873-2880. doi:10.1007/s00394-022-02841-y
[3] https://www.science.org/doi/10.1126/science.177.4053.949
[1] Adamcová, Anežka et al. “Lectin Activity in Commonly Consumed Plant-Based Foods: Calling for Method Harmonization and Risk Assessment.” Foods (Basel, Switzerland) vol. 10,11 2796. 13 Nov. 2021, doi:10.3390/foods10112796
Der beitrag ist wirklich sehr wertvoll, danke dafür. Vieles war mir gar nicht bewusst.
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Finde den beitrag sehr gut und echt interessant. Wusste vieles gar nicht! Danke dafür