
Schmerzwissen Basics
Akuter Schmerz ist ein Warnsignal, er schützt uns vor Verletzung und entsteht aus der Aktivierung verschiedener Schmerzzentren des Gehirns.
Durch eine Reizung von Nozizeptoren (Schmerzrezeptoren im Gewebe) kommt es zu einer Ausschüttung von unterschiedlichen Schmerzmediatoren wie z.B. Histamin und Serotonin. Über Nervenfasern erfolgt die Weiterleitung zum Rückenmark. Hier kann der Schmerzreiz durch absteigende Signale aus dem Gehirn bereits gehemmt werden und zwar so, dass die Sinnesempfindung „Schmerz“ nie empfunden wird. Diese Hemmung findet z.B. über endogene Opioide statt, die bei Freude und Entspannung ausgeschüttet werden. Weiter geöffnet wird dieses „Tor“ im Rückenmark, durch Stress, Anspannung oder Angst. Man spricht hier von „Gate Control“. Wird der Reiz durchs „Tor“ gelassen, findet eine Weiterleitung über Nervenbahnen ins Gehirn statt.
Im Thalamus befindet sich ein weiteres „Tor“ auch hier können absteigende Bahnen den Schmerzreiz noch hemmen, passiert dies nicht, findet schließlich die Verarbeitung der Sinnesempfindung „Schmerz“ in mehreren Bereichen des Gehirns statt. Die Großhirnrinde (Wo ist der Schmerz?), das Vorderhin (Bewertung und Erwartungen) und das Limbische System (Intensität, Alarmsystem, Stresssystem, Schmerzaufmerksamkeit), stellen verschieden Regler dar, welche den Schmerz zuordnen und bewerten.
Bei der Schmerzbewertung spielen Erfahrungen, eigene Einstellung, dein Denken und Fühlen, wie du gelernt hast mit Schmerz umzugehen, sowie dein soziales Umfeld eine Rolle.
Du wirst z.B. einen bestimmten Schmerzreiz wahrscheinlich stärker empfinden, also höher bewerten, wenn dahinter eine angsteinflößende Diagnose oder Voraussage eines Mediziners steht. Und umgekehrt wirst du Reize kaum bemerken wenn du abgelenkt oder gerade extrem glücklich bist.
Du siehst also, unsere Psyche hat großen Einfluss auf unsere Schmerzempfindung. Durch Psychische Einflussfaktoren, kommt es auch zum Placebo-Effekt. Du glaubst daran, dass diese drei Wunderpillen dir helfen werden deine Rückenschmerzen zu besiegen und sobald DU es glaubst, glaubt es auch dein Körper. Es kommt zur Freisetzung von Endorphinen, die wie körpereigenes Morphium agieren, Schmerz wird gehemmt, dies passiert wieder – wie oben beschrieben – über absteigende, also hemmende Bahnen aus dem Gehirn. Der Schmerz lässt nach, du fühlst dich gut.
Ganz so einfach ist es zwar oft nicht, aber der Placebo-Effekt ist real und zeigt, welche Macht unser Gehirn auf unseren Körper hat. Bei diesem Effekt spielt auch die Suggestion eine große Rolle, oft wird der Placebo-Effekt vor allem dadurch erreicht, dass ein Arzt in weißem Kittel und mit Stethoskop dir diese Tabletten verschreibt.
Schmerz hat für deinen Körper einen Sinn, denn er fungiert als Warnsignal.
Seine Funktion als Warnsignal verliert der Schmerz wenn er chronisch ist, d.h. länger als 6 Monate andauert und eine körperliche Schädigung nicht mehr vorhanden ist. Auch chronischer Schmerz wird im Gehirn verarbeitet. Dabei spielt vor allem das „Schmerzgedächtnis“ eine Rolle. Bei lang anhaltenden Schmerzen entstehen neuronale Pfade, diese sind mit negativen Erinnerungen verknüpft. Dadurch kommt es später, auch ohne Mechanische Reizung zu Schmerz. Außerdem findet bei langanhaltendem Schmerz eine Bahnung statt, das heißt dein „Tor“ im Rückenmark ist weiter offen, du wirst überempfindlich, kleinste Reize führen bereits zu Schmerz. Bei Amputationen werden diese Mechanismen sehr deutlich, die verlorene Gliedmaße bleibt trotzdem auf dem Sensomotorischem Cortex präsent und kann über neuronale Pfade Phantomschmerzen auslösen.
In manchen Fällen spielt auch die „bewusste“ Psyche eine Rolle. Bei langanhaltenden Schmerzen, wenn keine Therapie wirkt, keine mechanischen Schäden zu finden sind und du irgendwie nicht dazu kommst, das in der Therapie besprochene umzusetzen. Dann stell dir bewusst die Frage welchen Zweck der Schmerz für dich hat – klingt komisch? Gar nicht selten ziehen wir gewisse Vorteile aus schmerzhaften Zuständen.
Natürlich ist Schmerz nie vorteilhaft per se, aber wenn der Partner einem dadurch endlich die lang ersehnte Aufmerksamkeit schenkt, oder es so möglich ist, eine Pause vom stressigen Arbeitsalltag zu bekommen, dann bekommt Schmerz einen anderen Charakter.
Probleme entstehen wenn Schmerzen genutzt werden um bestimmte Personen an sich zu binden oder um z.B. um die Arbeit zu vermeiden (=Sekundärer Krankheitsgewinn). Aber auch Verwandte und Partner können durch die Pflege von Kranken „gebraucht-werden“ oder monetäre Vorteile daraus ziehen (=Tertiärer Krankheitsgewinn).
Ein sekundärer Krankheitsgewinn zeigt uns immer wo wir in unserem sozialen/psychischem Leben nach Lösungen suchen sollten.
Wenn wir gesund werden wollen, sollten wir zuerst dort aufräumen. Wieso willst du die Aufmerksamkeit dieser Person? Warum möchtest du nicht auf Arbeit? Was musst du ändern, damit du deiner Krankheit nichts mehr positives abgewinnen kannst? Für die Aufarbeitung kann es sinnvoll sein Psychologische Hilfe in Anspruch zu nehmen, vor allem dann, wenn du bereits über längere Zeit keine Verbesserung an deinem Zustand erreichen konntest. Wenn du dir aber sicher bist, dass du alles tust um gesund zu werden – hinterfrag die Therapie!
Rückenschmerzen oder Liebeskummer, körperlicher oder Seelischer Schmerz, ganz egal – wenn du Schmerzen hast wirkt alles andere gleichgültig, dein ganzes System ist dann auf die Empfindung „Schmerz“ ausgerichtet.
Schmerz ist zunächst einmal für dich immer real.
Wichtig ist dann zu differenzieren, inwieweit es sich um strukturelle oder mechanische Schädigung, oder um emotional und psychisch beeinflusste Schmerzen handelt und wie du strukturiert vorgehen kannst um diese zu reduzieren und zu beheben. Da Schmerzen sich oft in der Faszie bzw. im Gewebe zeigen, wird bei einer Faszientherapie bewusst auf die Gestik des Patienten gesetzt um Schmerzen zu identifizieren und mit Distorsionen der Faszie in Verbindung zu bringen. Diese manuellen Techniken können den Patienten unterstützen, verknüpft mit aktiver Therapie und einem ganzheitlichen Ansatz können so nachhaltig Erfolge erzielt werden.
Wenn du Fragen zum Thema Schmerzen hast, melde dich oder besuche mich in meiner Praxis.

Deborah Rittwagen
Ähnliche Beiträge
PMS und Histamin
Bauchschmerzen, Verdauungsstörungen, Durchfall und Verstopfung, Krämpfe, viele...
Was kann Faszientherapie?
Seit einigen Jahren kommt man nicht mehr um das Thema herum, Faszien sind in...